Therapiehund-Definitionen
Bei unseren Einsätzen in Seniorenheimen, Heimen für benachteiligte Menschen und Schulen werden wir oft begrüßt mit der Frage „Ist das ein Therapiehund?“ Nein, es ist kein Therapiehund, es ist ein Therapie-Besuchshund. Aber wie erklären wir den Unterschied?
Rund um das Thema Hund und Therapie schwirren so viele Begriffe umher – Therapiehund, Therapiebegleithund, Therapie-Besuchshund, Therapiebesuchshund, therapeutischer Besuchshund, Assistenzhund, Sozialhund, Schulbesuchshund, Schulhund, Klassenhund etc., aber was bedeuten die einzelnen Bezeichnungen? Mit anderen Worten es ist höchste Zeit, die einzelnen Begriffe zu erklären und etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Der Übersicht halber werden wir zuerst die unterschiedlichen Bereiche, in denen Tiere eingesetzt werden können, erläutern. Danach wollen wir die Begriffe, denen wir in den Medien, im Netz und in Gesprächen begegnen, den einzelnen Bereichen zuordnen und erklären.
Da die Idee, Hunde als Co-Therapeuten innerhalb einer Therapie einzusetzen, in Amerika geboren wurde, überrascht es nicht, dass die grundlegende Klassifizierung aus den USA kommt. Auch wenn für uns das Thema Hund im Vordergrund steht, weisen wir darauf hin, dass sich die Klassifizierung keineswegs nur auf Hunde bezieht. Auch andere Tiere spielen eine Rolle, wobei der Hund aufgrund seines Wesens und seiner an den Menschen angepassten Lebensweise für diese Aufgaben in besonderem Maße prädestiniert zu sein scheint.
In Amerika werden im Bereich der tiergestützten Interventionen zwischen „Animal Assisted Activities (AAA)“ und „Animal Assisted Therapy (AAT)“ unterschieden. Beide Begriffe haben auch in Deutschland Einzug gehalten und lassen sich wie folgt beschreiben:
Der Begriff „Animal Assisted Activities (AAA)“ wird im Deutschen mit „tiergestützten Aktivitäten“ übersetzt. Unter tiergestützten Aktivitäten werden in erster Linie Besuche von Tieren in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen sowie Schulen, Kindergärten und anderen sozialen Einrichtungen verstanden. Durch die Besuche der Tiere sollen sich die Menschen, die sich in solch einer Einrichtung aufhalten, wohler fühlen. Kurzum der Kontakt zwischen Mensch und Tier soll sich positiv auf die Lebensqualität der besuchten Personen auswirken. So kann die Motivation erhöht und die Erziehung erleichtert werden und in Rehabilitation und Therapie können Fortschritte erzielt werden.
Die Personen, die diese tiergestützten Aktivitäten durchführen, bedürfen keiner fachlichen Qualifikation im therapeutischen Bereich. In der Regel führen Ehrenamtliche, also Laien, diese Besuchsdienste durch. Es gibt weder einen Therapieplan mit festgelegten Therapiezielen noch ist eine Regelmäßigkeit der Besuche vorgeschrieben. Die tiergestützten Aktivitäten werden nicht für eine bestimmte Person entwickelt, sondern können unterschiedliche Menschen erreichen. Ebenso ist auch eine Dokumentation nicht erforderlich. Zu dem Bereich der tiergestützten Aktivitäten zählen auch Präsenztiere, also Tiere, die dauerhaft in einer sozialen Einrichtung, z.B. in einem Alten- und Pflegeheim, leben und durch ihre bloße Anwesenheit zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen sollen.
Bei der „Animal Assisted Therapy (AAT)“ hingegen, die im Deutschen als „tiergestützte Therapie“ bezeichnet wird, werden Tiere gezielt im Rahmen einer Therapie eingesetzt. Die Ziele der Therapie werden in einem Therapieplan festgehalten. Die Therapie findet regelmäßig zu vereinbarten Zeiten statt und es wird eine Dokumentation des Therapieverlaufes erstellt. Die Durchführung der tiergestützten Therapie obliegt einem ausgebildeten Therapeuten. Als Therapeuten kommen z.B. Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten in Frage, um nur einige zu nennen. Das Tier, das eine besondere Ausbildung genossen hat, arbeitet quasi als Assistent des Therapeuten!
Wenden wir uns dem deutschsprachigen Raum zu. In Deutschland hat sich im Bereich der tiergestützten Interventionen eine Dreiteilung durchgesetzt. Neben tiergestützten Aktivitäten und tiergestützter Therapie wird in Deutschland auch noch der Begriff der tiergestützten Pädagogik verwendet.
Mithilfe der tiergestützten Pädagogik sollen Kinder und Jugendliche sozial und emotional gefestigt werden. Die tiergestützte Pädagogik liegt dabei in den Händen von Personen, die eine pädagogische Ausbildung haben, wie z.B. Lehrer und Erzieher. Es bedarf einer besonderen Ausbildung der Tiere. Bei ihren Einsätzen werden festgelegte Ziele verfolgt. Die Tiere werden zu vereinbarten Zeiten eingesetzt. Verglichen mit tiergestützten Aktivitäten im pädagogischen Bereich ist der zeitliche Umfang deutlich größer. Auch findet eine Dokumentation statt.
Wenn wir nun das ganze auf das Thema Hund hinunterbrechen, begegnen wir den bereits oben erwähnten Begriffen: Besuchshund, Therapie-Besuchshund (andere Schreibweise: Therapiebesuchshund), therapeutischer Besuchshund, Therapiehund, Therapiebegleithund, Schulbesuchshund, Schulhund, Klassenhund, Assistenzhund und und und.
Also tun wir gut daran, die einzelnen Bezeichnungen zu hinterfragen, zu definieren und den zuvor dargelegten Bereichen der tiergestützten Aktivitäten, der tiergestützten Therapie und der tiergestützten Pädagogik zuzuordnen. Anschließend wollen wir erklären, weshalb sich die Tierpsychologische Hundeschule Marschall bei der Ausbildung von Besuchshunden ganz bewusst für den Begriff Therapie-Besuchshund in Abgrenzung zum Begriff Besuchshund und Therapiehund entschieden hat. Um es vorweg zu sagen, wir bilden Therapie-Besuchshunde aus und keine Therapiehunde. Aber dazu später mehr.
Im Bereich der tiergestützten Aktivitäten treffen wir vornehmlich auf Besuchshunde. Im Rahmen von Besuchsdiensten führen zumeist ehrenamtliche Mitarbeiter ihre Vierbeiner z.B. in Alten- und Pflegeheime oder in Heime für benachteiligte Menschen und versuchen Freude und Abwechslung in den Alltag der Menschen zu bringen. Gehen diese Besuchshunde in Schulen und Kindergärten, so sprechen wir von Schulbesuchshunden. Zusammen mit seinem Hundeführer besucht der Schulbesuchshund hin und wieder eine Schulklasse oder eine Kindergartengruppe. Denkbar ist auch eine Teilnahme an einer Hunde-AG. Im Gegensatz zum Schulhund kann der Schulbesuchshund von einem Laien geführt werden. Der Einsatz erfolgt auch hier zumeist auf ehrenamtlicher Basis.
Fälschlicherweise werden auch Besuchshunde nicht selten als Therapiehunde bezeichnet. Da Therapiehunde aber ausschließlich von Therapeuten eingesetzt werden dürfen, ist diese Bezeichnung unzulässig. Therapiehunde arbeiten als Assistenten eines ausgebildeten Therapeuten, quasi als Co-Therapeut im Rahmen eines zielgerichteten Therapieplanes, der genau dokumentiert und kontrolliert wird. Therapiehunde werden auch als Therapiebegleithunde bezeichnet.
Wie man schon erahnen mag, können die Grenzen zwischen den einzelnen Bereichen fließend sein. Bei unseren vielen Einsätzen können wir deutlich beobachten, welch wunderbare Wirkung unsere ausgebildeten Hunde auf die besuchten Personen haben. Wenn wir beobachten, wie dementiell erkrankte Menschen bei unseren Besuchen im Seniorenheim auf unsere Hunde reagieren, kommen wir nicht umhin, unseren Hunden eine therapeutische Wirkung zuzusprechen. Nicht selten treten Menschen, die sich in sich zurückgezogen haben, mit dem Tier und über das Tier wieder in Kontakt mit den Menschen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Bevor die Mensch-Hund-Teams aber ihre „Aufgabe“ im Besuchsdienst erfüllen können, ist eine intensive Ausbildung in Theorie und Praxis aus unserer Sicht unbedingt erforderlich. Daher legen wir sehr viel Wert auf eine behutsame und gründliche Ausbildung der Hunde und ihrer Hundeführer. Die Ausbildung ist stufenweise aufgebaut und die Mensch-Hund-Teams werden mit großer Sorgfalt auf ihre Einsätze in sozialen und pädagogischen Einrichtungen vorbereitet. Dabei beobachten wir sehr genau das Zusammenspiel zwischen Hundeführer und Hund, aber auch das Auftreten des Mensch-Hund-Teams und ihre Wirkung auf die besuchten Personen werden genau unter die Lupe genommen. In Anbetracht der „therapeutischen Wirkung“ der Hunde und ihrer besonderen Ausbildung, die sie in der Tierpsychologischen Hundeschule Marschall durchlaufen, sind unsere Hunde mehr als reine Besuchshunde. Nach unserem Verständnis ist daher der Begriff des Besuchshundes für die von uns ausgebildeten Hunde unzureichend und wir benutzen ganz bewusst den Begriff des Therapie-Besuchshundes (bzw. Therapiebesuchshundes). Sie sind aber auch keine Therapiehunde, die von einem Therapeuten eingesetzt werden.
Der Schulhund schließlich gehört zum Bereich der tiergestützten Pädagogik. Der Hundeführer, ein ausgebildeter Pädagoge, durchläuft zusammen mit seinem Hund ebenfalls eine intensive, stufenweise aufgebaute Ausbildung in Theorie und Praxis. Wir sehen dabei den Pädagogen und den ausgebildeten Schulhund als Team und sprechen deshalb ganz bewusst vom Schulhund-Team. Der Schulhund fungiert hierbei als Co-Pädagoge. Das Schulhund-Team kann in Kindergärten, Schulen und anderen pädagogischen Einrichtungen eingesetzt werden. Unterschiedliche Schulformen kommen hierfür in Frage. Der Schulhund wird nicht sporadisch eingesetzt, sondern regelmäßig. So kann er von einem Klassenlehrer als Klassenhund eingesetzt werden und regelmäßig den Klassenlehrer bei seinem Klassenunterricht begleiten und unterstützen. Eine ähnliche Aufgabe kann der Schulhund auch für eine Kindergartengruppe übernehmen. Ebenso kann der Schulhund als AG-Hund in einer Hunde-AG seinen festen Platz finden. Er kann aber auch von einem Pädagogen zu besonderen Aufgaben in verschiedenen Klassen oder Gruppen herangezogen werden. Seit rund einem Jahr bieten wir nun die Ausbildung von Schulhunden an. Somit bilden wir als einer der ersten in Rheinland-Pfalz Pädagogen und ihre Hunde zu Schulhund-RLP-Teams aus. Der Ausbildungskurs richtet sich in erster Linie an Pädagogen. Diese können sein Lehrer, Erzieher, Sonderpädagogen und andere. Da aber auch Therapeuten im pädagogischen Bereich eingesetzt werden, kann die Schulhund-Ausbildung auch für diese Berufsgruppe in Frage kommen. Zu unterscheiden ist er von dem bereits weiter oben beschriebenen Schulbesuchshund, den wir im Rahmen unserer Therapie-Besuchshunde-Ausbildung ebenfalls ausbilden.
Nicht unerwähnt lassen wollen wir die Assistenzhunde, die in so mannigfaltiger Art und Weise ihren Dienst an Menschen, die Hilfe und Unterstützung benötigen, leisten. Sie gehören einem besonderen Bereich der tiergestützten Interventionen an und verdienen ihren ganz besonderen Respekt. Um nur einige zu nennen, diese können sein – Blindenführhunde, Behindertenbegleithunde, Epilepsiewarnhunde, Alzheimerhunde und viele mehr.
All den Hunden, deren Aufgabengebiete wir oben beschrieben haben und die auf so unterschiedlichen Feldern ihren ganz besonderen Dienst am Menschen leisten, gebührt unser allerhöchster Respekt. Sie tun dies ohne Berechnung, sind dabei loyal, ehrlich und natürlich. Sie sind wahrhaft echte Freunde des Menschen. Wir sollten dies zu schätzen wissen und es ihnen mit einem artgerechten Umgang danken und sie nicht versuchen zu vermenschlichen.